In Bayern und in NRW gab es Abschiebungen, die zu Recht zu großer Aufregung geführt und bei der sich die handelnden Institutionen nicht mit Ruhm bekleckert haben.

Die mediale Aufregung um die jüngsten Abschiebungen regt mich aber auf.

Nicht, weil ich glühender Anhänger von möglichst brutalen Abschiebungen bin, sondern weil es an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist, wenn ein und dieselben Medien und auch manche Menschen einerseits hohe Abschiebungszahlen fordern und sich dann über unschöne Bilder aufregen.

Ich bin nicht gegen Abschiebungen. Ganz im Gegenteil. Wenn man Regeln für die Anerkennung von Asylanträgen schafft, dann muss man grundsätzlich auch die abgelehnten Anträge durchsetzen. Sonst könnte man sich die Regeln gleich sparen.

Da fängt die Krux aber schon an. Denn nur weil jemand die Voraussetzungen für einen Schutzstatus nicht erfüllt, kann man ihn noch lange nicht in sein Heimatland abschieben. Entweder sind die Zustände in seinem Heimatland lebensgefährlich, es liegt eine den Transport hindernde Krankheit vor oder ähnliches. Ganz häufig ist aber das Problem, dass die Heimatländer nicht kooperieren. Man kann die Menschen ja nicht – wie sich das manche Menschen wünschen – einfach nach Afrika oder sonstwo fliegen und aus dem Flieger werfen oder mit einem Schiff in irgendeinem Hafen entladen. Nein, die Heimatländer müssen mitmachen. Und das tun bei weitem nicht alle.

Weil es aber von der Öffentlichkeit gewünscht ist, hohe Abschiebungszahlen zu generieren, wird versucht möglichst schnell möglichst viele Menschen abzuschieben. Deshalb konzentriert man die Ressourcen auf die leichten Fälle und hat umso weniger Ressourcen für die schwierigen Fälle.

Im Ergebnis schieben wir so aber „die falschen“ ab. Wir bestrafen die, die sich an die Regeln gehalten haben und lassen die durchs Raster fallen, die es dem Staat schwer machen.

Es wird also doppelt kontraproduktiv gehandelt. Wir verlieren einerseits diejenigen, die seit vielen Jahren hier leben und sich integrieren, oder sogar hier geboren sind. Andererseits bleiben in der Folge diejenigen, die sich gerade nicht integrieren und uns einige Probleme machen.

Es braucht also dreierlei:

Die Verfahren müssen schneller werden, damit gar nicht erst Integrationsprozesse beginnen, bevor die Betroffenen erfahren, dass sie das Land verlassen müssen.

Und wir müssen wegkommen von einer stupiden rein formalen Betrachtung. Was für einen Sinn macht es, eine Familie, die seit 19 hier lebt, deren Tochter hier geboren ist und hier einer Ausbildung nachgeht und deren Eltern ihr eigenes Geld verdienen, mit großem Aufwand abzuschieben – am besten noch unter großem Polizeieinsatz aus einer Schule zu zerren. Und gleichzeitig lassen wir den allein reisenden jungen Mann, der keinerlei Integrationsbemühungen zeigt, seine Papiere vernichtet hat und aus einem unkooperativem Heimatland kommt, nahezu unbehelligt.

Da habe ich lieber niedrigere Abschiebungszahlen, die aber nicht das Ergebnis einer hanebüchenen Politik sind.

Wegen den verschlossenen Augen der Union, die immer behauptet hat, Deutschland sei kein Einwanderungsland, haben wir keine vernünftigen Regeln für Einwanderung, die nicht auf einen Schutzstatus abzielt. Wir zwingen also viele Menschen in ein Asylverfahren, was diese nicht gewährt bekommen können. Deswegen ist ein Einwanderungsgesetz so überfällig. Schon 2000 hatte  Gerhard Schröder dazu die „Süssmuth-Kommission“ eingesetzt.