Im Landtag hat es heute eine Expertenanhörung zur Abschaffung der Stichwahl in NRW gegeben. Als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) im Kreis Euskirchen spreche ich mich für den Erhalt der Stichwahl in Nordrhein-Westfalen aus. Die CDU-FDP-Mehrheit im Landtag beabsichtigt die Stichwahl von Bürgermeistern und Landräten wieder abzuschaffen. Erst im Jahr 2011 ist die Stichwahl – auch mit Stimmen der FDP – in Nordrhein-Westfalen wieder eingeführt worden.
Noch vor nicht allzu langer Zeit haben wir die Bundeswehr in den Kongo geschickt, um dort die Stichwahl des Präsidenten abzusichern, hier in NRW halten CDU und FDP das aber anscheinend für unnötigen Schnickschnack. Dabei hat die CDU erst im letzten Dezember über die Nachfolge von Angela Merkel in einer Stichwahl entschieden. Was für Annegret Kram-Karrenbauer gut genut ist, soll für die Bürgermeister und Landräte in NRW nicht wichtig sein?
Ohne Stichwahl besteht die Gefahr, dass Kandidatinnen und Kandidaten mit lediglich einem Drittel oder sogar nur einem Viertel der Stimmen in das Amt des Bürgermeisters oder Landrats kommen könnten. So wäre die Legitimation der Gewählten nicht mehr gewährleistet, da sie nicht die Mehrheit der Wähler vertreten würden.
Bürgermeister und Landräte müssen immer Amtsträger für alle Bürgerinnen und Bürger einer Kommune sein. Das ist umso schwieriger, je weniger der Gewählte eine Mehrheit der Wähler hinter sich weiß. Die Kampagnen „Nicht mein Präsident“ oder „not in my name“ zeigen, dass Legitimation nichts ist, was man nur in demokratietheoretischen Seminaren diskutiert, sondern es hat wirkliche Auswirkungen auf die demokratische Kultur.
Von Seiten der CDU und FDP werden die häufig geringe Wahlbeteiligung bei Stichwahlen und die mit einem zusätzlichen Wahlgang verbundenen Kosten angeführt. Das jedoch kein stichhaltiges Argument für eine komplette Abschaffung der Stichwahlen.
Bei den letzten Bürgermeisterwahlen in 2014 und 2015 haben Stichwahlen in 62 Kommunen stattgefunden. In etwa 73 Prozent dieser Fälle hatten die Gewählten am Ende bei der Stichwahl tatsächlich mehr Stimmen als im ersten Wahlgang.
Wenn es CDU und FDP darum gehen würde die niedrigere Wahlbeteiligung bei Stichwahlen abzufangen, dann sollten meiner Auffassung nach existierende Modelle in Erwägung ziehen, bei denen Haupt- und Stichwahl in einem Wahlgang kombiniert werden.
Wenn das nicht mal in Betracht gezogen wird – wonach es zur Zeit aussieht – , dann muss man davon ausgehen, dass die Motivation für die Abschaffung allein die Tatsache ist, dass in den letzten Stichwahlen häufig CDU Kandidaten unterlegen sind. Und dann wird an demokratischen Elementen aus rein parteitaktischen Gründen gefummelt – das kann nicht richtigt sein.
Deswegen unterstütze ich die Petition von Mehr Demokratie e.V., die man hier finden und unterschreiben kann.