Kommunalfinanzen / Altschulden – das hört sich schon langweilig an.

Was nach der Garantie zum schnellen Einschlafen klingt, ist für das Leben von uns allen aber viel relevanter, als man vielleicht glauben mag. Es ist auch für uns im Kreis Euskirchen und in Bad Münstereifel von Bedeutung.

Wann hat man als durchschnittlicher Mensch schon mal mit Behörden und Ämtern zu tun? Wann kommt man in Berührung mit „dem Staat“?

Vielleicht wenn man seinen Personalausweis verlängern muss, ein Haus bauen möchte, ein Auto anmeldet oder die Kinder in die Kita oder Schule gehen. In all diesen Fällen, kommt man mit der Stadt oder dem Kreis in Kontakt.

Die sogenannten Kommunen sind die Ebene des Staates, die am nächsten an den Menschen dran ist. Und sie haben auch am meisten Einfluss auf das alltägliche Leben der Menschen.

Ob die Straßen kaputt sind, wie der Zustand der Schule ist, ob es einen Kindergartenplatz gibt. Wie hoch Müll- und Abwassergebühren sind und wie gut die Feuerwehr ausgestattet ist. Ob es eine Stadtbücherei gibt, kulturelles Leben und ehrenamtliches Engagement gefördert wird. Wie lange man auf einen neuen Personalausweis warten muss und wie lange eine Baugenehmigung braucht.

All das bestimmt sich danach, wie gut die Stadt, in der man lebt, aufgestellt ist.
Und dabei spielt Geld natürlich eine große Rolle.

In den letzten Wochen und Monaten ist in Zeitungen und Nachrichten viel über „Altschulden“ gesprochen worden. Was ist das und warum ist das relevant für dich, mich und uns alle?

Altschulden nennt man die Kredite, die Kommunen aufnehmen mussten, um die alltäglichen Ausgaben bedienen zu können. Um die Rechnung für das Druckerpapier oder die Gehälter der Beschäftigten zahlen zu können, mussten viele Kommunen sogenannte Kassen- oder Liquiditätskredite aufnehmen. Das ist ähnlich wie ein Dispokredit bei Privatleuten. Wenn die Einnahmen nicht reichen, um die Ausgaben zu bedienen, müssen auch Kommunen Schulden machen.

Da den Kommunen in NRW strukturell zu wenig Einnahmen für ihre Aufgabe zur Verfügung stehen, sind auch viele Kommunen in NRW mit Kassenkrediten verschuldet. Anders als Kredite für Investitionen (den Bau einer neuen Schule zum Beispiel), stehen Kassenkrediten keine Werte gegenüber und belasten damit die Bilanzen der Kommunen.

Im Zusammenhang mit dem Thema Altschulden hört man öfter: „Das ist doch nur ein Problem von Großstädten oder im Ruhrgebiet“.

Dem ist aber nicht so. Um das mal einzuordnen: in Bayern haben die Kommunen insgesamt Kassenkredite in Höhe von 22 Euro pro Kopf. Mehr als 100 der insgesamt 396 Städte und Gemeinden in NRW sind hingegen mit über 1.000 Euro Kassenkrediten je Einwohner verschuldet. In NRW beträgt die Verschuldung mit Kassenkrediten pro Kopf insgesamt 1.207 Euro, im Bundesschnitt sind es 458 Euro.

Jetzt ist der Kreis Euskirchen nicht so stark betroffen, wie es Kommunen in anderen Regionen sind. Aber auch bei uns gibt es Kommunen, in denen Kassenkredite ein Thema sind.
Bad Münstereifel
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
23.397.000 € 1.347,61 €
Blankenheim
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
17.845.000 € 2.160,62 €
Dahlem
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
2.746.000 € 649,73 €
Euskirchen
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
— € — €
Hellenthal
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
10.000.000 € 1.268,55 €
Kall
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
4.000.000 € 355,81 €
Mechernich
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
12.500.000 € 452,44 €
Nettersheim
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
1.000.000 € 134,05 €
Schleiden
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
5.858.000 € 447,34 €
Weilerswist
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
10.169.000 € 577,10 €
Zülpich
Kassenkredite insgesamt Kassenkredite pro Kopf
1.553.000 € 76,73 €
Zur Zeit sind die Schuldzinsen für Kommunen nicht so ein riesiges Problem. Die Zinsen sind historisch niedrig, also hält sich auch die Zinslast in Grenzen. Aber das wird nicht ewig so bleiben. Wenn die Zinsen wieder steigen, werden die Kommunen auch wieder mehr Geld ihrer Einnahmen an Banken als Zinsen überweisen müssen. Mit der Folge, dass sie weniger Geld für die eigentlichen Aufgaben übrig haben, die sie wiederum nur mit neuen Schulden bedienen können. Ein Teufelskreis.

Aber schon jetzt sorgen die Schulden dafür, dass unsere Kommunen abgehängt werden. Denn jeder Euro, der im Haushalt übrig bleibt, muss in die Tilgung gesteckt werden. Das ist ein Euro, der nicht in wichtige Sanierungen oder Infrastruktur investiert werden kann. Andere Städte ohne Schulden sind meistens schon strukturell finanziell besser aufgestellt, weshalb sie keine Schulden haben. Sie verfügen mehr finanziellen Spielraum für Investitionen. Sie können darüber hinaus auch die Überschüsse in ihre Gemeinde investieren. Das wiederum macht sie attraktiver, was sie wieder finanzstärker macht.

Es wäre also gerade jetzt die Zeit, eine Lösung für die Altschulden zu finden. Solange die Zinsen noch niedrig sind, ist eine Lösung leichter zu finanzieren.

So sag das auch Olaf Scholz, der SPD-Bundesfinanzminister. Der hatte vor einigen Monaten einen Anlauf unternommen, das Problem gemeinsam mit den betroffenen Ländern zu lösen. Der Bund sollte gemeinsam mit den betroffenen Ländern die Altschulden in einen Altschuldenfond übernehmen und über die Zeit abtragen. Da aber nicht alle Bundesländer gleich von dem Problem betroffen sind, hat sich keine Mehrheit dafür gefunden. Die SPD stand dabei im Bund und in den Ländern hinter Olaf Scholz, CDU und CSU konnten sich damit leider nicht anfreunden. Die nicht betroffenen CDU/CSU-regierten Länder wollten auch einen Stück vom Kuchen haben. Die Argumentation war: wenn Geld nach NRW fließt, wollen wir auch was haben. Das ist aber ein Trugschluss. Denn bei der Lösung von Olaf Scholz fließt überhaupt kein Geld von A nach B. Es wandern lediglich Schulden von den Kommunen auf den Bund.

Die CDU/CSU (unter ihnen unverständlicherweise NRW-CDUler vorneweg) zeigten sich dabei als Prinzipienreiter. Grundsätzlich sind die Länder für die Kommunalfinanzen zuständig. Aber der Bund entscheidet mit seiner Gesetzgebung (insbesondere im Sozialbereich) über die Ausgaben der Kommunen. Er trägt also einen hohe Verantwortung an der Finanzsituation. Die CDU in Berlin zeigte mit dem Finger nach NRW und sagte: das müsst ihr da lösen. Jetzt regiert in NRW auch die CDU. Die wiederum will davon aber gar nichts wissen. Sie meint, die Zinsen seien niedrig, deswegen brauche es jetzt keine Lösung. Das wiederum ist mehr als naiv. Denn es ist – wie beschrieben – mehr als unrealistisch, eine Lösung bei steigenden Zinsen zu organisieren.

So gucken unsere Städte und Gemeinden – auch die im Kreis Euskirchen – in die Röhe und müssen das Verantwortungsmikado von CDU und CSU ausbaden. Sie werden es mit struktureller Abgehängtheit bezahlen.